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Sundays for future

‚Die Konsequenz der Konferenz ist bla bla bla.‘
– Erich Kästner, Die Konferenz der Tiere aus dem Jahr 1949

Der Frust über die Ergebnisse von Konferenzen ist wahrscheinlich so alt wie die Konferenzen selbst. Die 26. Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow bildet hier keine Ausnahme. Meckern ist einfach. Aber was tun wir denn als evangelische Kirche? Und ja, auch wir selbst?

Die Evangelische Kirche im Rheinland hat auf der letzten Landessynode beschlossen, bis 2025 den CO2-Ausstoß gegenüber 2005 um 50 Prozent zu reduzieren. Die Kreissynode Köln Mitte hat sich diesem Beschluss auf ihrer Frühjahrssynode angeschlossen, das gilt damit also auch für unsere Gemeinde. Bleibt die Frage: Ist das auch bla bla bla? Ist das überhaupt realistisch? Ein Beispiel: Bis auf wenige Ausnahmen sind die Daten, die einen Vergleich mit 2005 ermöglichen würden, nicht mehr vorhanden, weil Abrechnungen nur zehn Jahre aufbewahrt werden. Wir werden unseren CO2-Ausstoß reduzieren, aber an diesem kleinen Beispiel zeigt sich, dass es zwar Vorgaben braucht, aber die Realität wie immer halt viel komplexer ist. Aber deshalb aufgeben? Kommt nicht in Frage!

Die Fakten zur Klimaveränderung sind seit mehr als 40 Jahren bekannt. Unserer Welt droht ein Klimakollaps, wenn es nicht gelingt, den CO2 Ausstoß so zu verringern, dass eine Erderwärmung von maximal 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter eingehalten wird. Im Moment sieht es so aus, dass wir dieses Ziel nicht erreichen können und im besten Fall auf 2,5 Grad zusteuern. Das dürfte mittlerweile allen bekannt sein.

Aber auch hier: Alles komplex. Nicht allein der CO2- Ausstoß ist verantwortlich. Auch die soziale Grundversorgung der Menschen, ihre Bildung, Ungleichheiten im Zugang zu sauberem Wasser und zu Toiletten gehören dazu – nicht zu vergessen, der Zugang zu Impfstoffen. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind eine Grundlage für alles dies, und anscheinend noch illusorischer zu erreichen, als die Reduzierung von CO2. Wie brüchig Demokratien sein können, auch das erleben wir zurzeit, mitten in Europa.

Es braucht viele Klima-Aktionen, um handlungsfähig zu bleiben. Wenn faire Wahlen möglich sind, dann ist das ein gute Klima-Aktion. Wenn wir Vermögen gerecht besteuern und die Hassmaschinen im Internet stilllegen, dann ist das eine konkrete Klima-Aktion. Wenn wir alle eine freie und unabhängige Presse stärken, dann ist das eine Klima-Aktion.

Das alles liegt nicht in der Hand von einzelnen und wir können vieles nicht beeinflussen. Aber durch viele kleine Aktionen können wir Zeit gewinnen. Und auch das hilft schon etwas. Deshalb helfen auch die kleinen Aktionen der Kirchen, wenn wir dabei die großen Zusammenhänge nicht aus den Augen verlieren und dafür unsere Stimme erheben. Diese Stimme sind nicht wir Pfarrer:innen in den Sonntagspredigten, sondern diese Stimme ist jede und jeder von uns, an dem Platz, an dem wir agieren: In Schule, Familie, am Arbeitsplatz, im Unternehmen, als Künstler:in und unter Freund:innen.


Wir werden in den nächsten 10 Jahren gewaltige Umbrüche in Industrie und Privatwirtschaft erleben. Wir werden Verkehrswege weniger am Individualverkehr ausrichten müssen und unsere Antriebe so umbauen, dass sie ohne fossile Energie auskommen. Heizen ohne Kohle, Öl oder Gas wird notwendig werden. Das wird auch unsere Kirchen treffen und gerade hier gilt es sehr kreativ und politisch hartnäckig zu sein. Wenn kirchliche Klimaziele das befeuern ist es gut.

Die Koalitionsverhandlungen in Berlin wurden von Fridays for Future kritisch begleitet. Sie fordern von der neuen Regierung eine radikale Politik der ersten hundert Tage. Werden wir doch auch selbst mal radikal demokratisch, klimaneutral und ja, christlich in diesen hundert Tagen. Vielleicht gewöhnen wir uns ja daran.

Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig darauf, dass Gott die Herrlichkeit seiner Kinder sichtbar macht. (Römer 8,19)

– Thomas Diederichs