Interview mit Miriam Haseleu Pfarrerin in Köln-Nippes und Initiatorin des Tauffests am Rhein / 01.08.2022 / 11:00
Miriam Haseleu, Pfarrerin in Köln-Nippes und Mitglied der rheinischen Kirchenleitung, über das geplante Tauffest im Kölner Rheinpark, Taufen auf der Picknickdecke und das bedingungslose Wirken des Heiligen Geistes.
Frau Haseleu, Sie sind Initiatorin des Kölner Tauffests am 13. August. Was gab den Anstoß zu der Idee?
Miriam Haseleu: Zum einen das Tauffest in Hamburg am Pfingstmontag 2019, das ich aus der Ferne begeistert verfolgt habe. Und zum anderen die Überzeugung, dass auch Köln ein guter Ort für ein großes Tauffest sein könnte, weil sich hier viele mit dem Rhein und der Kölner Silhouette verbunden fühlen. An diesem Ort ein evangelisches Ausrufezeichen zu setzen, war uns ein Anliegen. Ursprünglich wollten wir das Tauffest schon 2021 feiern und haben Ende 2019 mit den Planungen begonnen. Aber dann kam Corona.
Wie hat sich die Idee seither entwickelt und was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer?
Haseleu: Es wird ein großes Fest mit einem tollen kulturellen Programm. Wir werden bei hoffentlich sommerlich-gutem Wetter auf Picknickdecken im Rheinpark lagern und haben uns dabei vom biblischen Motiv der Speisung der Fünftausend inspirieren lassen. Wir wollen miteinander und in Verbindung mit der Schöpfung unter freiem Himmel feiern und unser mitgebrachtes Picknick teilen. Uns ist dabei die Vielfalt wichtig: Jede und jeder ist willkommen. Wir haben Gebärdendolmetscher dabei, bieten eine Audiodeskription an und an vielen Stellen auch barrierefreie Möglichkeiten der Teilnahme.
Gilt Vielfalt auch für das kulturelle Programm?
Haseleu: Auf jeden Fall. Eine sehr divers zusammengesetzte Theatergruppe wird Wasserwesen darstellen. Ralph Caspers von der „Sendung mit der Maus“ und „Wissen macht Ah!“ und die Entertainerin Annie Heger übernehmen die Moderation. Die politisch-feministische Musikerin Suli Puschban sorgt für Kindermusik. Und Frau Höpker bittet zum Gesang mit Evergreens. Damit sind wir gesanglich schon gut auf den Gottesdienst vorbereitet. Im Gottesdienst selbst sind dann weitere Akteure und Akteurinnen dabei, unter anderem auch Sarah Vecera , die eine kurze Predigt halten wird, und die Kölner Brassband Kwaggawerk . Und nach dem Gottesdienst gibt es mit der Percussionband Mama Afrika noch die Möglichkeit zum Tanzen. Also: Es wird bunt und vielfältig.
Wie ist das Taufen ganz praktisch geplant?
Haseleu: Wir erwarten rund 200 Täuflinge und insgesamt etwa 4000 Menschen. Für die Taufen stehen mindestens 40 Pfarrerinnen und Pfarrer zur Verfügung, die jeweils bis zu fünf Täuflinge taufen. Dafür gehen sie in bestimmten Planquadraten mit ihrem Taufbecken von Picknickdecke zu Picknickdecke. Wir haben den Blick auf den Rhein und die Kölner Silhouette, bleiben aber aus Sicherheitsgründen auf der Wiese.
Tauffeste erleben einen Boom. Was ist für Sie der Vorteil gegenüber der klassischen Taufe im Gottesdienst?
Haseleu: Ein Tauffest spricht auch Menschen an, die sich von unseren herkömmlichen Gottesdiensten nicht ohne Weiteres angesprochen fühlen. Wir sind ja bereits eine vielfältige, offene Kirche, in der fast alles möglich ist, aber trotzdem haben Menschen zum Teil andere Bilder von uns im Kopf und diese Bilder gilt es aufzubrechen. Tauffeste können zeigen, dass wir ganz verschiedene Formen haben, Gottesdienste zu feiern und Kirche zu sein.
Also ein Angebot vor allem für Kirchenfernere?
Haseleu: Die Teilnehmenden sind völlig gemischt. Es gibt Menschen, die sagen, wir haben lange auf ein solches Angebot gewartet. Aber es gibt auch Familien, die sagen, wir hatten eigentlich die Taufe in der Gemeinde geplant, aber das Tauffest spricht uns sehr an und ist auch etwas für uns. Und dann gibt es noch die Leute, die sagen, wenn Kirche so ist, dann sind wir auch mit dabei. Aber das sind die wenigsten. Ich glaube, wir tun Menschen oft unrecht, wenn wir sie kirchenfern nennen, weil sie nicht wöchentlich oder monatlich in der Kirche auftauchen. Aber sie fühlen sich dennoch mit der Kirche verbunden und finden unsere Arbeit wichtig.
Ist der Wert der Taufe für Sie unveränderlich oder stellen Sie auch so etwas wie ein zeitgenössisches Taufverständnis fest?
Haseleu: Der Wert der Taufe ist für mich, dass jeder und jede so angenommen ist, wie er oder sie ist, mit allen Stärken, allen Schwächen und allen Macken, und dass diese bedingungslose Zusage am Anfang des Lebens oder irgendwann in seinem Verlauf auch gefeiert werden darf. Dieser Wert ist für mich nicht veränderbar, auch wenn Menschen ihr Taufverständnis anders beschreiben. Denn die Taufe hat ihren Wert unabhängig von allen Beschreibungen und der Heilige Geist kann völlig bedingungslos wirken.
Text: Ekkehard Rüger
Artikel auf ekir.de
Zur Person: Miriam Haseleu ist seit 2015 Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Nippes und seit 2019 auch Assessorin des Kirchenkreises Köln-Mitte. Die 42-Jährige gehört zudem als nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland an.